Satirische Filmkritik, Film-Satire, Kino-Satire – Zeitraffer.ch

Unser Held, DJ Rasta D, mit dem bekannten Steinzeit-Modell Evolet.

10000 B.C.

auch bekannt als: irgendwann, irgendwo, irgendwie
Jahr: 2008 Kategorie: Histörchen
Regie: Roland Emmerich mit: Steven Strait, Camille Belle, Tic Tic

Ok, es treten die Steinzeitmenschen auf, in vorderster Reihe Rasta D. Sein intelligenter Stamm lebt im ewigen Schnee eines windgepeitschten Gebirges, natürlich in Zelten an exponiertester Lage. Schliesslich will das Volk das schöne Bergpanorama sehen.

Das wahre Heldentum wurde nicht erst gestern geboren (ca. 1947, Los Angeles, Hollywood). Das wahre Heldentum ist viel älter, als du denkst! Diese strahlende Überzeugung wird im Film so deutlich wie der Käsegeruch im Viererabteil und schiebt die Handlung ächzend voran. Einleitend setzt Regisseur Emmerich ein dampfendes Häufchen Geschichte ab und demonstriert dabei seine grosszügige Denkart betreffend ‚10000 v. Chr.‘: auf der Leinwand tummeln sich bald Mammuts (bis ca. 10’000 v. Chr.), Segelboote und Pyramiden (5000 v. Chr.), Reiter (3000 v. Chr.) und Säbelzahntiger (15 Mio Jahre). Passt schon! Alles irgendwie alt, oder?

Die Mammutjäger besitzen einen Fischgräten-Speer, wie er bis 1977 in Hippie-Kommunen in Gebrauch war. Nur werden ein paar Pointen der Geschichte fahrlässig ausgelassen: warum wurde nicht die Erfindung des Nussknackers eingebaut, und die chinesische Mauer, und ja, das Telefon wäre doch absolut geeignet gewesen… Liegt alles nur ein paar Tausend Jahre um die Ecke. Kurz zusammengefasst: im Vergleich mit diesem Film ist Ice Age eine wissenschaftliche Studie.

Ok, es treten die Steinzeitmenschen auf, in vorderster Reihe Rasta D. Sein intelligenter Stamm lebt im ewigen Schnee eines windgepeitschten Gebirges, natürlich in Zelten an exponiertester Lage. Schliesslich will das Volk das schöne Bergpanorama sehen, während es langsam verhungert und erfriert, und Felszeichnungen vom Sonnenuntergang machen. Rasta D hält gerne sternguckend Händchen mit dem Pelz-Model Evolet. Sie wissen schon: ewige Liebe. Mit seinen Freunden tauscht er Sätze aus wie: «ich verstehe deine Gefühle. Aber du musst jetzt geduldig sein». Rasta D’s Papi ist irgendwie nicht mehr da. In der Steinzeit ohne Papi aufzuwachsen, war selbstverständlich ein Drama ersten Grades.

Danke, das sah gut aus - und Abgang bitte!

Danke, das sah gut aus – und Abgang bitte!

Zeit für Rasta D mit den Heldentaten zu beginnen. Sein Stamm demonstriert überragende Jagdtechnik. Er ist nicht etwa den Mammuts nachgezogen, sondern hat auf dem Schneegipfel auf die Tiere gewartet. Als sie tatsächlich auftauchen, beginnen die Jäger die Treibjagd damit, dass sie mitten in die taubblinde Herde kriechen, um dann aufzuspringen und «die schrecklichsten Bestien unserer Zeit» wegzuscheuchen. Die Mammuts poltern kooperativ dem aufgespannten Riesen-Riesen-Netz entgegen (hergestellt aus Schamhaaren, ist zu vermuten). Leider hält das Netz nicht, zum Glück aber verhindert Rasta D den fälligen kollektiven Selbstmord seines Stamms, indem er das Herz des Mammuts mit einem Zahnstocher durchbohrt.

Ääh, wie weiter? Ok, das war das Warm-Up des wahren Helden. Jetzt zieht er aus, um Gebirge, Dschungel und Wüsten zu durchschreiten. Er trifft dabei auf seinen Freund, den dekorativen Säbelzahntiger, der ansonsten sofort wieder aus dem Film entlassen wird, und wird zum Anführer der Proletarier. Die Pyramiden können den Sohn des Fellzelts nicht beeindrucken, lieber zerlegt er sie in kleine Klötzchen und sagt dem Gottkönig die Meinung. Ach ja, der Held steht selbstverständlich auch im Zentrum der Prophezeiung. Diese wird wunderbarerweise von Völkern geteilt, die sich so fremd sind, dass sie sich für Dämonen halten, und wunderbarerweise ist sie gleichzeitig auch eine Felszeichnung in der Wüste. Doch wie lautet eigentlich die Prophezeiung? Dass der wahre Held kommt und alles kurz und klein schlägt? Ok, ist ja nicht so wichtig.

Zurück bei den Läusen ahnt der wahre Held, dass er mit der Zerstörung der bösen Hochkultur vielleicht einen Fehler gemacht haben könnte. Allenfalls wären Pferde, überlegene Waffen, Bautechnik, Handwerk und Landwirtschaft ja ganz nützlich gewesen? Nobodys perfect und Schwamm drüber, wie die Steinzeitmenschen sagten. Nagen wir halt weiterhin an alten Knochen in der Schneewüste. In ein paar Tausend Jahren wird ja sowieso eine Autobahn in der Nähe gebaut, und dann wird der Held den besten Autobahn-Kiosk im Umkreis von 50 Kilometer eröffnen.

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Madma • 25. März 2008


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