Satirische Filmkritik, Film-Satire, Kino-Satire – Zeitraffer.ch

Alice zwängt und drängt ins Wonderland
3

Alice in Wonderland

auch bekannt als: alles, nur nicht wunderbar
Jahr: 2010 Kategorie: Träume und Traumata
Regie:
Tim Burton mit: Mia Wasikowska, Helena Bonham Carter, Johnny Depp, Anne Hathaway

Wieder einmal ein hoch interessanter Film, der auf wissenschaftlicher Forschung beruht. Allgemein herrscht die Überzeugung, dass sich Mädchen in der Pubertät körperlich und geistig schneller entwickeln als Jungen. Wirklich wahr?

Die Marktforschung eines grossen Spielwarenkonzerns wollte es genau wissen: sie zeichnete einen Traum von Alice Kingsley im Alter von 10 Jahren auf und verglich ihn mit demjenigen im Alter von 20 Jahren. Und siehe da – der Traum ist fast der Gleiche! Das Kind und die junge Frau scheinen im gleichen mentalen Zustand!

Oh weh! Die erwachsene Alice drängt und zwängt mit aller Macht zurück in ihre Kinderwelt - ein Traumata.

Oh weh! Die erwachsene Alice drängt und zwängt mit aller Macht zurück in ihre Kinderwelt – ein Traumata.

Mit 20 träumt Alice noch immer von einer bunten Teddybär-Welt mit vorwiegend kindischen kleinen kuscheligen Wesen, denen sie ihren Willen aufzuzwingen versucht. Was allerdings einen heftigen inneren Konflikt nach sich zieht. Die detaillierte Auswertung der Studie liefert darum leider eine ganze Reihe von schlechten Meldungen. Die schlechte Meldung für die jungen Männer im Alter der Patientin: punkto Sex läuft bei Alice überhaupt nichts. Holt euch besser einen runter.

Die bedenklichste Meldung aber betrifft die Persönlichkeitsentwicklung. Alice ist nicht reifer geworden, oh nein. Sie weiss zwar, dass sie 20 ist, und muss merken, dass sie in ihrer Kinderwelt kaum mehr Platz findet, drängt und zwängt aber gegen allen Widerstand trotzdem hinein. Der Erwachsenenwelt rennt sie einfach davon, und wenn sie sogar die Wesen in ihrer Kinderwelt daran erinnern, dass sie nicht die «richtige» Alice sei, behauptet sie trotzig das Gegenteil.

Der Konflikt spitzt sich zu. Alice beginnt bald mit der aktiven Vernichtung.

Der Konflikt spitzt sich zu. Alice beginnt bald mit der aktiven Vernichtung.

Die kleinen Wesen müssen sich fügen und Alice als ihre Tyrannin erdulden. Die erwachsene Alice in ihrer Kinderwelt: da geht so ziemlich alles in die Brüche, und der innere Konflikt wächst und wächst zu beängstigender Dimension. Spielen und staunen wie ein Kind kann Alice nicht mehr, dafür hat sie jetzt eine «Mission». Teile der Welt erscheinen von Beginn an in eindeutiger Symbolik, sind niedergebrannt und verwüstet. Keine Überraschung, dass ein heftiges Aggressionspotential losbricht und Alice mit der aktiven Vernichtung der Wesen in der Kinderwelt beginnt. Gleichzeitig ist sie aber überzeugt, dass durch ihre Mission alle gerettet würden und sie dann eine unsterbliche Heldin sei.

Am Schluss ihres Traums hat sich das Ego von Alice zu monsterhafter Grösse aufgeblasen. Äusserlich sieht es aus wie eine moderne junge Frau, welche in die reale Welt hinaus schreitet, begleitet von dröhnender Musik: «nothing can stop me». Innerlich ist sie aber so etwas wie ein Häschen mit Reisszähnen und einem Sprengstoffgürtel, das vom Waldrand ins Dorf hoppelt, um sich und seine Welt in die nächste Dimension zu bomben.

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Madma • 27. März 2010


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